2021-01-21

Erfolgsfaktor Payment?

Wie und warum Online-Shopper am liebsten bezahlen

Welche Zahlungsverfahren Online-Händler anbieten, zählt zu den wichtigsten Entscheidungen bei der Gestaltung des Check-out-Prozesses. Die passende Auswahl ist deswegen so wichtig, weil Händler natürlich darauf bedacht sind, dass jeder einzelne Shopper, der mit Kaufabsicht in den Check-out gelangt, den Kauf auch abschließt.

Aus Sicht des Kunden ist die Wahl des Zahlungsverfahrens im Check-out eine der letzten Entscheidungen im Kaufprozess. Dabei stellt dieser entscheidende Schritt einen Hygienefaktor dar: Idealerweise fällt er dem Kunden gar nicht auf. Wenn er aber auffällt, dann in der Regel nur negativ, etwa bei technischen Problemen in der Abwicklung oder wenn das vom Kunden gewünschte Zahlungsverfahren nicht angeboten wird.

Dieser letzte Aspekt ist bedeutsam, denn viele Kunden möchten nur gewisse Zahlungsverfahren nutzen. Sie haben Vorlieben, aber auch Antipathien gegenüber einzelnen Verfahren. Sie verlassen unter Umständen sogar den Shop, wenn eines ihrer bevorzugten Zahlungsverfahren nicht angeboten wird. Für den Händler ist das der Verlust von sicher geglaubtem Umsatz und somit eine Katastrophe, denn er hat viel Aufwand, Mühe und Geld investiert, um den Kunden bis in den Check-out zu bringen.

Zahlungsverfahren im E-Commerce aus Kundensicht

Ziel einer aktuellen Studie 1 von ibi research war es deshalb, dieses Themenfeld aus Kundensicht näher zu beleuchten. Dabei sollten insbesondere Vorlieben und Einstellungen der Kunden gegenüber einzelnen Zahlungsverfahren ermittelt werden, denn diese beeinfl ussen, wie Händler ihre Verfahrensportfolios gestalten sollten. Im Mittelpunkt der Befragung von 1.011 Endkunden zwischen 18 und 75 Jahren stand eine szenarienbasierte Untersuchung von Einkaufssituationen und die Ermittlung von Kaufabbruchquoten. Den Teilnehmern wurden 15 verschiedene Situationen möglichst konkret geschildert, die beim Einkaufen denkbar wären. Dabei hatten die Teilnehmer jeweils die Möglichkeit anzugeben, welche Zahlungsverfahren für sie bei diesem Kauf grundsätzlich in Frage kämen und mit welchem sie konkret bezahlen würden. Die Einkaufssituationen unterschieden sich in Bezug auf das Produkt, den Kaufpreis und den Kaufkanal (Desktop vs. mobiles Endgerät). Zwei Szenarien basierten auf einem Abonnement (wiederkehrende Zahlungen).

Überraschende Kundeneinschätzung der Zahlungsverfahren

Zwölf weit verbreitete Zahlungsverfahren wurden in die Untersuchung einbezogen. Dabei zeigte sich, dass der Bekanntheitsgrad vieler Verfahren erstaunlich niedrig ist. So kannten 6 % der befragten Endkunden PayPal nicht, 28 % war die Sofortüberweisung unbekannt. Nur 44 % der Teilnehmer kannten paydirekt. Das bedeutet zunächst, dass viele Online-Shopper nicht einmal mit den weitest verbreiteten Zahlungsverfahren vertraut sind. Umgekehrt ergab sich aber auch, dass alle abgefragten Verfahren regelmäßig eingesetzt werden, wenn zum Teil auch nicht in der Breite. Während PayPal in den zwölf Monaten vor der Befragung von 80 % der Teilnehmer, die das Verfahren kannten, genutzt worden war, hatte etwa jeder Fünfte in diesem Zeitraum per Vorkasse bezahlt. Jeder Zwölfte hatte sich für Ratenkauf entschieden.

Befragt nach ihrer Einschätzung der einzelnen Verfahren nach Kriterien wie Usability, Sicherheit oder Datenschutz ergaben sich zum Teil überraschende Antworten. So wurden den drei beliebtesten Bezahlverfahren (PayPal, Rechnung, Kreditkarte) im Schnitt auch jeweils die besten Eigenschaften bezüglich der abgefragten Kriterien zugestanden. Dass etwa PayPal bei der Einschätzung des Datenschutzes den zweitbesten Wert erreichte, ist zumindest auf den ersten Blick scheinbar überraschend, dennoch aus Kundensicht durchaus nachvollziehbar: Schließlich müssen sie weder Konto- noch Kartendaten beim Online-Shop angeben.

95 % der Kunden bevorzugen eines von vier Verfahren

Viele Kunden kaufen seit vielen Jahren im Internet ein und haben in dieser Zeit Präferenzen für Zahlungsverfahren entwickelt. Teilweise lassen sich diese Präferenzen auch auf die Vor-Internet-Ära zurückführen: Seit 1950 Otto und Neckermann ihre ersten Kataloge auf den Markt brachten, wurden die Deutschen im Versandhandel daran gewöhnt, Waren auf Rechnung zu bestellen und nur den nicht-retournierten Teil der Bestellung per Rechnung zu bezahlen. Das hat sich auf den E-Commerce übertragen: Der Kauf auf Rechnung zählt noch heute zu den beliebtesten Verfahren bei deutschen Kunden.

Jedenfalls haben nun 72 % der befragten Endkunden ein Zahlungsverfahren, das sie allen anderen vorziehen. 11 % wollen sogar ausschließlich ihr Lieblingsverfahren nutzen. Dabei decken vier Verfahren 95 % der Fälle ab: PayPal (57 %), Rechnung (22 %), Kreditkarte (11 %) und Lastschrift (5 %). Anders sieht es aus, wenn der Kunde mit Retouren-Absicht, etwa zur Größenauswahl bei Bekleidung oder Schuhen, bestellt. Dann nämlich ist Kauf auf Rechnung mit weitem Abstand das beliebteste Verfahren (49 %) vor PayPal (35 %).

Händler müssen die heterogenen Vorlieben der Kunden berücksichtigen

Dennoch sind die Kundenpräferenzen sehr heterogen. Wird nur ein Zahlungsverfahren angeboten, brechen selbst im günstigsten Fall 42 % der potentiellen Käufer den Check-out-Prozess ab. Andererseits werden Verfahren, die keine breite Nutzung aufweisen, von einigen Kunden sehr stark bevorzugt und häufi g benutzt.

Ziel der Händler sollte es demnach sein, mehrere Verfahren anzubieten, sodass für jeden Kunden ein Verfahren bereitsteht, das dieser akzeptiert. Ein Kernergebnis der Studie war, dass dadurch Kaufabbrüche aufgrund fehlender Verfahren praktisch eliminiert werden können. Über alle betrachteten Szenarien hinweg sorgt das Angebot der fünf verbreitetsten Verfahren (PayPal, Rechnung, Kreditkarte, Lastschrift und Sofortüberweisung) zuzüglich zur Vorkasse für eine Kaufabbruchquote von nur noch 3 %.

Ergänzt man weitere Verfahren, kann diese Quote noch weiter gedrückt werden. Händler sollten bei der Auswahl des konkreten Portfolios an Zahlungsverfahren – je nach Produktspektrum und Zielgruppe – individuell handeln und Kundenfeedback berücksichtigen. Auch Aspekte wie die Kosten oder der Risikogehalt der einzelnen Verfahren spielen bei dieser Entscheidung eine Rolle. Potentielle weitere Verfahren sind etwa der Ratenkauf, giropay, paydirekt oder Amazon Pay.

Welches Fazit lässt sich nun aus den Ergebnissen der Studie ziehen? Händler sollten das Thema „Payment“ genau im Blick haben, denn jeder Kaufabbruch senkt die Konversion und ist im Check-out, also dem letzten Schritt des Kundenprozesses, besonders schmerzhaft. Welche konkreten Verfahren das sind, wird in jedem Shop anders sein. Im Schnitt bieten die 100 größten deutschen Online-Shops 5,2 Verfahren an, wie eine Auswertung von ibi research zeigte. Die gute Nachricht ist, dass verfahrensbezogene Kaufabbrüche durch eine geschickte Portfolioauswahl auf null reduziert werden können.